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Kleve-Keeken  6-1-2015

Konzert in Keeken: Klezmore und kein Ende

Fast vier Stunden dauerte das Programm mit Günter Gall - das Publikum bekam trotzdem nicht genug.                                                           Von Verena Krauledat

 

Günter Gall sorgte mit der Gruppe Klezmore für Begeisterung.Kleve-Keeken.

 

Es war ein langer Abend - erst kurz vor Mitternacht endete der offizielle Teil des fast vierstündigen Konzertes. Dass das Publikum trotzdem nicht nur Zugaben verlangte, sondern sogar zu tanzen anfing, spricht für die Qualität der Musiker: den niederrheinischen Sänger und Liedermacher Günter Gall und die fünfköpfige Band Klezmore, die sich am Samstag zu einem Gemeinschaftskonzert im Keekener Café Schmidthausen zusammengetan hatten.

 

Der Abend war der jüdischen Dichterin Mascha Kaléko (1907 - 1975) gewidmet, deren Gedichte Günter Gall abwechselnd rezitierte und in eigenen Vertonungen vortrug. Die pointiert-zarte, in ihrer lakonischen Ironie berührende Lyrik Kalékos ergänzte er durch biographische Anmerkungen, so dass man sich der Dichterin am Ende des Abends sehr vertraut fühlte. Dazwischen platzierte Klezmore, ebenfalls am Niederrhein zu Hause, thematisch passende Stücke aus dem eigenen Repertoire: Klezmer-, Balkan- und Zigeunermusik, von furios-fetzig bis tieftraurig.

 

Zu den Höhepunkten gehörten die Lieder mit Klezmore-Sängerin Carina Majkowski, an deren beweglicher, ausdrucksstarker Stimme man sich kaum satthören konnte - ob sie nun augenzwinkernd von einem Stelldichein zweier junger Leute sang oder eine ergreifende mazedonische Klage anstimmte. Ihre vier Mitmusiker (Geige, Klarinette, Akkordeon und Kontrabass) begleiteten sensibel und aufmerksam, glänzten aber auch mit zahlreichen virtuosen Instrumentalstücken.

 

Spannend waren die Momente, in denen sich die beiden musikalischen Ebenen berührten: Geiger Thomas Ruffmann unterlegte ein sprödes Herbstgedicht Kalékos (rezitiert von Günter Gall) mit fahlen Akkorden; ein jiddisches Lied wurde von Gall solistisch eröffnet und von der Band mit Leidenschaft aufgegriffen. Überzeugend auch Galls Sololieder mit Gitarrenbegleitung, in denen er Kalékos Gedichte über ihre bitteren Erfahrungen von Exil und Verlust (ihr Sohn und ihr Mann starben innerhalb nur weniger Jahre) in bewegende Balladen verwandelte.

 

Zweifellos hätte man das Programm etwas straffen und so den Spannungsbogen optimieren können. Galls unbegleitete Solonummern wirkten gegen die rhythmusgewaltigen Klezmerstücke zuweilen etwas dünn: ein Kontrast, dessen Reiz bei kleinerer Liedauswahl sicher besser zur Geltung gekommen wäre. Doch die mitreißende Musik, der ansteckende Enthusiasmus der Künstler und die vielschichtige, immer wieder überraschende Lyrik Kalékos hielt das Publikum bis zum Schluss bei guter Laune - zumal das Café Schmidthausen mit seiner stilvollen Wohnzimmeratmosphäre der perfekte Ort für lange Konzerte ist.                                                                                       Quelle: Rheinische Post